Drei Tage lang als Abgeordnete im NRW Landtag – ein Erfahrungsbericht

Vergangene Woche fand im nordrhein-westfälischen Landtag der neunte Jugendlandtag statt. Auch unsere stellvertretende Kreisvorsitzende Louisa Frese bekam dieses Jahr die Möglichkeit in die Arbeit eines Abgeordneten hineinzuschnuppern. Hier berichtet sie über ihre Erfahrungen:

 

Einmal wie ein Abgeordneter im Parlament sitzen und mitdiskutieren, dass wollte ich schon lange einmal. Letzte Woche hatte ich dann die Chance. Auf Einladung von Marc Lürbke (FDP) aus Paderborn durfte ich drei Tage lang im NRW-Landtag debattieren und über Anträge abstimmen.
Am Donnerstag ging es los. Als ich am Nachmittag im Landtag ankam, traf ich auf eine noch bunt gemischte Truppe. Mitglieder verschiedener Parteien und auch Fraktionslose standen zusammen und unterhielten sich. Eines hatten wir alle gemeinsam: Wir waren gespannt und aufgeregt was in den nächsten Tagen auf uns zu kommt.
Nachdem alle 199 Jugendliche im Landtag angekommen waren, ging es auch schon relativ schnell los. Die eben beschriebene „bunte Truppe“ wurde in Fraktionen aufgeteilt, gemäß ihren „echten“ Abgeordneten. Dann ging es das erste Mal ins Plenum. Als alle ihre Plätze gefunden hatten, trat der Landtagspräsident André Kuper (CDU) ans Redepult. Er begrüßte uns und betonte wie toll er es fände, dass so viele Jugendliche gekommen seien, um ihre Abgeordneten zu vertreten. Er stellte klar, dass junge Leute anscheinend ja doch nicht so politikverdrossen seien, wie ihr Ruf es glauben ließe: „Ich muss schon sagen, das ist ein wirklich tolles Bild. Ein randvoller Plenarsaal mit so vielen jungen Menschen.“

Anschließend wurden wir in unseren Fraktionen durch den Landtag geführt und fanden uns schließlich in unserem entsprechendem Fraktionssaal zur ersten Sitzung zusammen. Hier wurden Wahlen zum Fraktionsvorsitzenden und seinem Stellvertreter bzw. seiner Stellvertreterin und den Schriftführern durchgeführt. Auch wenn es mich ein wenig Überwindung kostete, ließ ich mich schließlich als stellvertretende Fraktionsvorsitzende zur Wahl vorschlagen. Wie sich herrausstellte, war meine Angst jedoch unbegründet, denn ich wurde mit großer Mehrheit gewählt. Ab dann durfte ich unseren Vorsitzenden unterstützen und mit ihm zusammen die Sitzungen leiten.
Auch am nächsten Tag erwartete uns ein straffer Zeitplan. Insgesamt hatten wir drei Fraktionssitzungen, womit der Tag auch startete, in denen wir uns auf den großen Höhepunkt, die Plenumsdiskussion vorbereiteten. An diesem Tag wurden zwei Themen diskutiert. Beim ersten Thema ging es darum, ob Informatik als Pflichtfach an weiterführenden Schulen eingeführt werden sollte. Das zweite Thema beschäftigte sich mit einem NRW-Bahnticket, dass es in Zukunft nicht nur für Studenten, sondern auch für Auszubildende und FSJler geben sollte. Um ums ein besseres Bild von den beiden Themen zu machen, wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe beschäftigte sich mit je einem Thema. Ich war in der Gruppe die sich mit dem Antrag: „Das Fach ‚Informatik‘ an weiterführenden Schulen“ beschäftigte. Hierzu stand zuerst eine Öffentliche Anhörung auf dem Programm. In dieser erhielten wir von fünf Experten ihre Meinung zu diesem Thema, um ein größeren Einblick zu erhalten. Bei uns war beispielsweise ein Vertreter des Landesjugendringes und der Landesschülervertretung. Nachdem sie uns ihre Meinung erläutert hatten, trafen wir uns wieder zu einer Themenarbeitssitzung. Während bei der Öffentlichen Anhörung die Vertreter aller Fraktionen zusammenkamen, lief die Themenarbeitssitzung intern ab. Hier einigten wir uns darauf, wie wir als Fraktion zu diesem Antrag stehen. Nachdem Mittagessen stand die zweite Fraktionssitzung an diesem Tag an. Wir stellten dabei der jeweils anderen Gruppe unsere Sichtweise zu den Themen dar. Nachdem wir unsere Ansichten klar herausgestellt haben, trafen wir uns zu Ausschusssitzungen wieder. In den unterschiedlichen Ausschüssen arbeiteten wir Empfehlungen heraus, wie wir als Abgeordnete im Plenum nachher entscheiden sollten.
Für  mich als stellvertretende Fraktionsvorsitzende ging es zwischendurch noch zur Sitzung des Ältestenrats. Hier kamen die Präsidentinnen und Präsidenten, sowie die Fraktionsvorsitzenden und die Stellvertreter zusammen. Entschieden wurde über ein Thema zur Aktuellen Stunde und einen Eilantrag. Beides sollte im Plenum am nächsten Tag bearbeitet werden. Bei der Aktuellen Stunde einigten wir uns auf einen Vorschlag der SPD Fraktion zum Thema „Erhöhung des Mindestlohns auf 12€“. Beim Eilantrag fiel die Entscheidung auf einen Antrag zum umstrittenen Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen. Dieser kam von der SPD und der FDP Fraktion. Hier sollte darüber diskutiert werden, ob dieses Gesetz in seiner jetzigen Form verabschiedet werden sollte. In der vierten und letzten Fraktionssitzung an diesem Abend informierten wir unsere Parteikollegen über die Ergebnisse des Ältestenrats und stellten die Rednerlisten für die Plenarsitzung am folgenden Tag auf.

Am Abend folgte ein „Parlamentarischer Abend“, zudem auch viele „echte“ Abgeordnete kamen. Hier konnten wir uns bei einem gemeinsamen Abendessen austauschen und von den Politikern wertvolle Tipps fürs Plenum aber auch für die weitere politische Zukunft bekommen. Bei einem bunten Rahmenprogramm und fantastischem Wetter genossen wir alle zusammen den Abend im Landtag. Neben vielen sportlichen Aktivitäten waren auch Sitzmöglichkeiten vor dem Landtag aufgebaut worden, sodass man sich noch bis abends draußen hinsetzen und unterhalten konnte.
Auch der nächste Tag startete mit einer Fraktionssitzung, bei der noch die letzten Unklarheiten geklärt wurden. Dann ging es endlich zur großen Plenarsitzung. Dort debattierten wir drei Stunden leidenschaftlich über die Anträge sowie die dazugehörigen Änderungsanträge aus den verschiedenen Fraktionen. Auch die erste Vizepräsidentin des NRW Landtags, Carina Gödecke (SPD) sowie ein paar Abgeordnete waren hierfür extra in den Landtag gekommen. Die gesamte Sitzung wurde sogar live auf Facebook gestreamt und ist auf der Homepage des Landtags abrufbar. Am Ende sangen wir alle zusammen, auf Antrag der CDU, die deutsche Nationalhymne, sowie die Europahymne.
Zum Abschluss des Jugendlandtages fand ein gemeinsamer Gottesdienst im Landtag statt.

Insgesamt war der Jugendlandtag eine tolle Erfahrung und ist eine gute Chance einmal einen tieferen Einblick in die Arbeit eines Parlamentes zu bekommen.
Ich kann dazu sagen, dass ich die Arbeit der MdLs früher echt unterschätzt habe, denn das was man als Bürgerin oder Bürger mitbekommt ist nur ein kleiner Bruchteil von dem was im Hintergrund abläuft. Meine Sichtweise auf diesen Beruf hat sich also geändert und trotzdem finde ich ihn immer noch sehr spannend und kann jedem nur raten eine solche Chance zu ergreifen und auch bei solchen Planspielen mitzumachen.
Geplant ist es, dass die Abgeordneten sich unsere Anträge anschauen und auch darüber verhandeln. Darauf sind bin jetzt sehr gespannt.